Geweih

Geweih
Ge|weih [gə'vai̮], das; -[e]s, -e:
zackige Auswüchse aus Knochen (auf dem Kopf von Hirsch, Rehbock u. a.).
Zus.: Elchgeweih, Hirschgeweih, Schaufelgeweih.

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Ge|weih 〈n. 11aus Knochenzapfen der Stirnbeine entspringende Knochenauswüchse des Rot-, Dam-, Elch- u. Rehwildes ● das \Geweih abwerfen [<mhd. gewi(g)e; Kollektivbildung zu ahd. *wi(a) „Ast, Zweig“]

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Ge|weih , das; -[e]s, -e [mhd. gewī[g]e, urspr. = Geäst, Kollektivbildung zu einem untergegangenen ahd. Subst. mit der Bed. »Ast, Zweig«]:
paarig ausgebildete, zackige u. verästelte Auswüchse aus Knochen auf dem Kopf von Hirsch, Rehbock o. Ä.:
ein starkes, ausladendes, verzweigtes G.;
das G. abwerfen;
(Jägerspr.:) das G. fegen;
jmdm. ein G. aufsetzen (Horn 1).

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Geweih
 
[mittelhochdeutsch gewi(g)e, ursprünglich »Geäst«], paarig ausgebildete Stirnwaffe der Hirsche für Brunst- und Abwehrkämpfe. In der Jägersprache wird das nicht ausladende Geweih des Rehbocks als Gehörn (Gewicht) bezeichnet. Mit Ausnahme des Rens sind zur Geweihbildung nur die Männchen befähigt. Moschustier und Wasserreh, ursprüngliche Hirscharten, bilden kein Geweih aus.
 
Im Unterschied zum Gehörn (Hörner) der Rinder ist das Geweih eine Hautknochenbildung, die während ihrer Entwicklung von einer plüschartig behaarten, blutgefäßreichen Haut (Bast) überzogen ist. Diese Haut wird alljährlich nach ihrem Absterben und Eintrocknen an Baumstämmen (Fegebäume) und Sträuchern abgescheuert und abgeschlagen (Fegen; beim Rothirsch in der Zeit zwischen Juli und August, beim Junghirsch erst im September und Oktober, beim Rehbock je nach Alter im April und Mai). Dabei wird der ursprünglich weiße Geweihknochen durch Substanzen (v. a. Gerbstoffe) der Baumrinde je nach Holzart mehr oder weniger dunkel gefärbt. Die an der Oberfläche des blank gefegten Geweihs erkennbaren Rillen (Riefen) rühren von Eindrücken der Blutgefäße des Bastes her. Jährlich, beim Abklingen der Brunst, wird das Geweih unter Einfluss von Testosteron abgeworfen; die Neubildung erfolgt unter der Einwirkung von Geschlechts- und Schilddrüsenhormonen, die durch Hormone des Hypophysenvorderlappens kontrolliert werden.
 
Das noch im Wachstum begriffene, bastüberzogene Geweih heißt Kolbengeweih (Kolben). Zur Abwurfzeit des Geweihs (beim Rothirsch etwa im Februar und März, beim Rehbock Ende Oktober bis Dezember) erfolgt eine ringartige Auflösung des Knochens am Knochenzapfen (Stirnzapfen, Rosenstock) des Stirnbeins dicht unterhalb der Rose, eines Wulstes mit perlartigen Verdickungen (Perlen oder Perlung).
 
Das Geweih besteht aus den beiden Geweihstangen und deren Abzweigungen (Enden oder Sprosse). Bilden die Stangenenden drei oder mehr Spitzen aus, so spricht man von einer Krone. Eine Abflachung und Verbreiterung der Stange heißt Schaufel. Die ersten, noch unverzweigten Geweihstangen werden als Spieße, das häufig darauf folgende, einmal verzweigte Geweih als Gabelgeweih bezeichnet.
 
Beim Rothirsch zeigen sich im zweiten Jahr rosenlose, 20 bis 25 cm lange Spieße. Im dritten Jahr weist sein Geweih (nun mit Rose) im Allgemeinen bereits sechs oder mehr Enden auf. Im Einzelnen unterscheidet man den nach vorn weisenden Augspross, den Eisspross (meist erst ab Zehnender), den Mittelspross und den Endspross mit Gabelenden oder (bei Ausbildung einer Krone) mit Kronenenden. Die Endenzahl eines Geweihs ist die verdoppelte Zahl der Enden der Einzelstange, die die meisten Enden trägt. Je nach Endenzahl und Gleich- oder Ungleichheit der Enden beider Stangen spricht man z. B. von geraden oder ungeraden Sechs-, Acht-, Zehn-, Zwölfendern. Einen »starken« Hirsch mit besonders kräftig entwickeltem Geweih nennt man Kapitalhirsch. - Beim Damhirsch und beim Elch ist das Geweih nach den Enden zu schaufelartig verbreitert (beim Elch mit Spannweiten bis 180 cm).
 
Beim Rehbock erscheinen im ersten Herbst zuerst 1-2 cm lange, knopfartige Bildungen (Knopfspießchen, Knöpfe), im zweiten Jahr zeigt sich das für den »Spießbock« typische Spießergehörn oder bereits ein - sonst erst im dritten Jahr erscheinendes - Gabelgehörn, unter Umständen sogar schon ein sechsendiges Gehörn. Beim Rehbock unterscheidet man am Gehörn im Anschluss an die Rose den nach vorn stehenden Vorderspross, den nach hinten weisenden Hinterspross und das Stangenende (Oberspross). Das Reifegehörn ist je nach den Umweltverhältnissen bei Rehböcken im Alter von 3-4 beziehungsweise 4-6 Jahren anzutreffen, dann »setzt es zurück«, d. h., die Geweihbildung wird schwächer.
 
Krankheiten oder Nahrungsmangel beeinträchtigen die Stärke des Geweihs und hemmen sein Wachstum. Missbildungen des Geweihs sind z. B. unvollkommen entwickelte, stangenlose Rosenstöcke (Kahlhirsch, Plattkopfhirsch, Mönch) und, z. B. bei Verlust oder Verkümmerung der Hoden, weiche, unförmige Wucherungen oder schwammig verdickte Stangen, die nicht gefegt werden (als Perückengeweih oder Perückengehörn bezeichnet).

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Ge|weih, das; -[e]s, -e [mhd. gewī[g]e, urspr. = Geäst, Kollektivbildung zu einem untergegangenen ahd. Subst. mit der Bed. „Ast, Zweig“]: paarig ausgebildete, zackige u. verästelte Auswüchse aus Knochen auf dem Kopf von Hirsch, Rehbock o. Ä.: ein starkes, ausladendes, verzweigtes G.; das G. abwerfen, (Jägerspr.:) fegen; *jmdm. ein G. aufsetzen (↑Horn 1).

Universal-Lexikon. 2012.

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